Die aufdringlich inszenierten Lichtgehäuse verwandeln sich in auratisch schimmernde, uneindeutige Gebilde, die zuzeiten an heilige Schreine oder schwebende Raumschiffe denken lassen. So nutzt Johannes Kriesche die profanen „Tempel“ der Neuzeit, um die Nacht als Zeit der Rätsel und Geheimnisse erscheinen zu lassen, sie ohne jedes Pathos wieder zu romantisieren. Durch die Paraffin-Schicht markiert er wortwörtlich eine kreative Distanz zur grellen Konsumwelt. Gleichzeitig reflektiert er mit der Sichtbarriere aus halbtransparentem Material die subjektive, jeder Wahrnehmung vorgelagerte Blende, die Künstler wie Betrachter gleichermaßen bestimmt. Mit seinen Nachtstücken antwortet Johannes Kriesche auch den berühmten Ikonen der Alltäglichkeit des amerikanischen Künstlers Edward Hopper. Hopper übersteigert die blendende Architektur der Metropolen, inszeniert Bars, Cafés und Tankstellen als überbelichtete Vitrinen, in denen Menschen ihre Einsamkeit und Bezugslosigkeit zur Schau stellen. Kriesche wiederum widersetzt sich mit seinem Reich der Zwischentöne symbolträchtig dem ‚Lichtzwang‘ der Städte.
Neben den Tankstellen verarbeitet Johannes Kriesche in seinen Paraffin-Bildern weitere Motive zum Thema Automobil, präsentiert zum Beispiel Autohäuser,
„Car-Wash“-Paläste oder - in „Lichttempel 31 - Unterm Rad“ das neugestaltete BMW-Museum in München. Auch hier entzieht sich die Architektur dem forschenden Blick und wird ihrer
Funktionstüchtigkeit enthoben. Bei diesem Transfer spielt das Paraffin eine symbolische Rolle. Das Material wird aus Öl, aus sogenannten Schmierölschnitten, gewonnen. Aus dem Öl als Basis
des Treibstoffs, den die gleißenden Tankstellen verkaufen und der in wörtlichem Sinne Bewegungsmoment des Alltags ist, wird ein bildkünstlerisches Verfahren der Verunklärung und der
kognitiven Verlangsamung. Genauso wie die gezeigte Architektur wird so auch das Öl seiner alltäglichen Funktion enthoben und erhält eine neue Bedeutung jenseits aller üblichen
Zwecke....
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